Heute findet für das Berufspädagogikmodul keine Präsenzveranstaltung in der PH statt. Stattdessen haben wir den Auftrag erhalten, uns einen BM-Lernenden zu suchen und diesen im Hinblick auf seine Ausbildung zu interviewen.
Ich habe bereits einen Termin mit dem BZT in Frauenfeld ausgemacht, an dem ich nicht nur einen, sondern gleich zwei Schüler aus einer BM Klasse interviewen darf. Ich freue mich besonders darauf, weil ich so die Möglichkeit habe einen Lernenden und eine Lernende zu befragen und bin schon sehr gespannt, ob es eventuell Unterschiede in der Sichtweise auf die BM gibt, die geschlechterabhängig sind.
Wir haben von Max einen Katalog mit zehn Fragen erhalten (Personalien, Ausbildung, Lehrjahr, Grund für BM-Wahl, Übergang SekI zu Arbeitswelt und BM, gute Ausbildner etc.). Zusätzlich sollten wir uns drei eigene Fragen überlegen, die wir den Lernenden stellen wollen. Ich habe meine bereits formuliert:
1) Was sind Ihrer Meinung nach die Unterschiede zwischen BMS und anderen Schulen?
2) Im Vergleich zu ihrer früheren Schule/n, empfinden Sie bei ihren jetzigen Mitschülern eher
einen grösseren oder einen kleineren Unterschied untereinander in Bezug auf Vorwissen
Lerntempo, etc.?
3) Welchen Stellenwert hat für Sie Unterricht in weniger berufsbezogenen Fächern (z.B. Englisch
oder Deutsch) im Vergleich zu sehr berufsnahen Fächern (z.B. Technik)?
Frage 1 ist eher nochmals eine Präzisierung von Fragen des Kataloges, aber für mich dennoch wichtig, weil ich den Unterschied nur aus Lehrersicht kenne, nicht aber aus Schülersicht.
Frage 2 ist mir wichtig, weil ich in meinem Erfahrungspraktikum gemerkt habe, wie gross die Heterogenität in BM-Klassen ist und es interessiert mich, wie stark das auch von den Schülern wahrgenommen wird.
Frage 3 ist dann schon sehr stark von meinen eigenen Fächern beeinflusst, weil ich wirklich wissen will, welchen Stellenwert meine Fächer, Englisch und Deutsch, für die Schüler im Vergleich haben. Viele Lehrer gehen gerne davon aus, dass ihre Fächer zu priorisieren sind. Aber wenn wir uns an unseren eigenen Schulalltag zurückerinnern, dann ist sehr schnell klar, dass das unmöglich der Fall sein kann. Deshalb ist es mir wichtig, zu wissen, wie wichtig Berufslernenden meine Fächer sind, damit ich mich in meiner Unterrichtsplanung auf die Erwartung der Schüler einstellen kann.
Edit: Ich hatte ursprünglich vor, mein Interview als Tondatei in diesen Blog einzufügen, weil ich die Möglichkeit des Einbindens von allerlei Dateiformaten von anderen Bloganbietern kenne. Leider habe ich festgestellt, dass ich auf Blogspot lediglich Video hochladen kann, nicht aber MP3s.
Statt dessen hier nun das Skript meines Interviews mit Joel und Manuela:
1. Personalien:
Joel, 22, männlich
Manuela, 20, weiblich
2. Angestrebter Beruf/Berufsfachschule:
Joel: unschlüssig, Ziel ist Studium an der FH, Richtung Wirtschaftsingenieurwesen/Maschinenbau
Manuela: Ziel ist Studium an der FH mit Studienfach Architektur
Beide sind zur Zeit am BZT Frauenfeld
3. Lehrjahr:
Beide machen BM2 (=> Lehre ist bereits abgeschlossen)
4. Wie haben Sie sich entschieden, gerade diese Berufsausbildung zu machen?
Joel: Ich bin gelernter Flugzeugmechaniker, dadurch ist das Technische schon sehr naheliegend.
Deshalb ist dann für mich die technische BMS in Frage gekommen.
Manuela: Ich brauche vor allem das technische Wissen. Als ich die Hochbauzeichner Lehre
gemacht habe, stand vorher schon fest, dass ich im Anschluss Architektur studieren wollte. Und
dafür brauche ich einfach die technischen Fächer.
5. Wie haben Sie den Übergang von der Sekundarstufe I zur Arbeitswelt und zur Berufsschule
erlebt?
Manuela: Der Anfang ist echt stressig in der Oberstufe in der Berufsschule.
Joel: Ja, vor allem hat man in der Sekundarstufe noch nicht so ganz genau gewusst wofür man
eigentlich zur schule geht. Das war einfach so, „man muss in die Schule gehen, weil man es eben
so macht.“ Und später, während der Lehre und der Berufsschule, weiss man eigentlich, dass man
in der Schule auch das lernt, was man im Praktischen anwenden muss.
Manuela: Und man ist mehr mit Sachen konfrontiert, wo man eine Freude dran hat – also die
Fächer, die man auch gerne macht.
6. Was waren in diesem Zusammenhang ihre positivsten Erfahrungen und was evtl. Ihre
negativste Erfahrung?
Manuela: Also positiv war für mich sicher, wie ich bei mir im Büro aufgenommen wurde. Also,
dass man mich schön ins Berufsleben mitgenommen hat. Und das schlechte ist, dass man einfach
sehr oft weiterhin als Kind und Jugendlicher betrachtet wird und nicht als Mensch in der
Arbeitswelt.
Joel: Das Positive war vor allem auch, dass man lernt, sich dem Arbeitsrhythmus anzupassen. Das
eben nicht unbedingt sagen kann, „Gut, ich fang um 8 Uhr an zu arbeiten, bis um 5 Uhr. Sondern,
dass, wenn es der Betrieb verlangt, schon um halb sechs anfängt, etc. Das war sicher eine gute
Erfahrung. Das Schlechte ist, man hat eben nicht mehr ganz so viel Freizeit wie man es aus der
Sekundarschule kennt.
7. Welche Unterschiede sehen sie zwischen dem Lernen im Betrieb und dem Lernen in der
Berufsfachschule?
Manuela: Im Betrieb konnte man das Lernen eben direkt anwenden. Es waren praktische
Beispiele, wodurch man es sich einfach besser merken konnte. Die Berufsfachschule ist mehr
theoretisch, und dadurch vergisst man es eben schnell wieder.
Joel: Genau.
8. Warum haben Sie eine Berufslehre mit BM gewählt? (Bzw. BM nach der Berufslehre)
Joel: Ich habe die BM Aufnahmeprüfung während der Lehre nicht bestanden, hatte aber schon
von Anfang an vor, sie nach der Lehre zu machen, weil es einfach ein gutes Sprungbrett ist, um
sich weiterzubilden.
Manuela: Bei mir war von Anfang an klar, dass ich BMS nach der Lehre machen möchte, damit
ich danach Architektur studieren kann.
9. Was ist für Sie ein guter bzw. eine gute BerufsbildnerIn (LehrmeisterIn) und was macht für Sie
eine/n gute/n BerufsschullehrerIn aus?
Joel: Beim Ausbilder ist es vor allem, dass er selbst eine gute Führungsperson ist. Dass er einem
zeigen kann, „Das und das und das muss man machen.“ Und einem aber nachher auch Freiheiten
lässt und nur noch spärlich zum Kontrollieren kommt, ob es richtig gemacht wird. Also so, dass
man nicht ganz abhängt: Man weiss, man hat seine Freiheiten aber man kann’s nicht ausnützen.
Ich finde, dass ist das Wichtigste was man als Ausbilder machen muss. Freiheiten lassen, aber
doch so, dass man trotzdem gefördert wird. Und als Lehrer muss man meiner Meinung nach auf
die einzelnen Schüler eingehen. Also: Man muss den Hintergrund von diesen Leuten kennen,
man muss wissen was macht jeder einzelne beruflich, welche Fachrichtung macht er, damit man
zum Teil auch für die spezielle Beispiele bringen kann.
Manuela: Beim Berufsbildner finde ich auch, dass er den Lehrlingen mehr Freiheiten lassen
sollte, damit sie selbst Fehler machen können, denn aus denen lernst Du am besten. Und beim
Lehrer bin ich der Meinung, dass er seine Freude dran haben sollte und die auch rüberbringen
kann. Und dass er ein wenig Schülerspezifisch arbeiten kann.
10. Stellen Sie sich vor, wir könnten 10 Jahre in die Zukunft reisen. Was denken Sie, wo stehen Sie dann beruflich. Wie ging es nach Ihrem Berufsabschluss weiter? Was haben Sie alles gemacht, damit Sie da stehen, wo Sie jetzt stehen?
Joel: ich denke sicher mal das Studium absolviert und ich würde gerne in einem Job sein, der
Zukunftsperspektiven hat, sprich: Aufstiegsmöglichkeiten.
Manuela: Ich würde auch gern das Studium abgeschlossen haben, viele Praktika auf der ganzen
Welt gemacht haben. Und dass ich irgendwo ein Büro finde, das mit meinen Wertvorstellungen
übereinstimmt.
11. Was sind Ihrer Meinung nach die Unterschiede zwischen BMS und anderen Schulen?
Manuela: Wir sind freiwillig hier.
Joel: Ja, das ist eigentlich der Hauptunterschied. Ich meine streng ist es eigentlich in jeder Schule,
man muss überall viel lernen. Und bei uns ist einfach der Unterschied, dass wir die Schule hier
freiwillig machen. Das hilft einem manchmal auch dabei, den inneren Schweinehund zu
überwinden. Und sich zu sagen, „Ich hab mir das selbst ausgewählt, also mache ich es jetzt auch
richtig!“
12. Im Vergleich zu ihrer früheren Schule/n, empfinden Sie bei ihren jetzigen Mitschülern eher
einen grösseren oder einen kleineren Unterschied untereinander in Bezug auf Vorwissen
Lerntempo, etc.?
Joel: Also das Lerntempo ist denke ich jetzt bei allen mehr oder weniger gleich. Aber es sind alle
recht unterschiedlich, einfach weil sie alle von einer anderen Berufsrichtung kommen.
Manuela: Die Interessen sind einfach anders verteilt. In der Berufsschule hatte man ähnliche
Interessen und konnte im Prinzip über die gleichen Dinge reden. Und jetzt ist da teilweise ein
sehr grosser Unterschied.
13. Welchen Stellenwert hat für Sie Unterricht in weniger berufsbezogenen Fächern (z.B. Englisch oder Deutsch) im Vergleich zu sehr berufsnahen Fächern (z.B. Technik)?
Manuela: Heute ist Englisch ein berufsnahes Fach, denn man braucht es überall. Es kommt eben drauf an, was man in dem Fach macht.
Joel: Ich finde man muss den Schülern einfach nahelegen wozu man z.B. eine Sprache lernt
welchen Nutzen man daraus ziehen kann. Und ich finde man sollte dementsprechend darin
bilden und fördern. Also wenn man zum Beispiel jetzt in Englisch immer nur Wörter herleitet und
sagt, „Lernt die Wörter auswendig, damit ihr Englisch lernt.“ Dann bringt das nicht wirklich viel.
Ich finde einfach man muss den Nutzen nahelegen.
(Nachfrage: Für Deutsch genauso?)
Beide: Ja.
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